Nachdem die 1970er Jahre vom analogen Sound Moogs erfüllt waren und die 1980er Jahre dann zunehmend digital geklungen haben, sind die 1990er Jahre die Zeit von "Techno". Der deutsche Techno ist genuine Computermusik, arbeitet repetitiv, minimalistisch, sound-orientiert und ist vor allem Tanz- und Partymusik. Alle Ingredienzien von Techno haben Vorläufer: das Konzept der repetitven Musik geht auf die US-amerikanische "minimal music" zurück und wurde durch den Moog-Sequencer bereits bei Tangerine Dream ("Phaedra") in den 1970ern heimisch. Zeitgleich kreierte die Gruppe Kraftwerk in Deutschland den Computer-Minimalismus. In den USA wurde Kraftwerks Herangehensweise durch "Acid" und ähnliche Richtungen elektronischer Tanzmusik rezipiert... bis letztendlich alles in den deutschen Techno mündete.
Vorgehen in einer 90-Minuten-Einheit: Vortrag und kurze Einzelarbeit "Drei Beispiele" (45 Minuten), drei Kleingruppen mit Fragen zu den Beispielen (30 Minuten), Diskussion (15 Minuten).
Materialien zu dieser Einheit: Blatt 9, Arbeitsblatt 9 und PowerpointPrässentation 9. Blatt 9 und Ppt 9 sind durchgehend zu benutzen.
Minimal Art → Minimal Music → Elektronischer Minimalismus
→ Repetitive Musik → Elektronische Repetitive Musik
„Pendulum Music“ von Steve Reich 1968. Reich ordnet diese Musik ein in die Kategorien „phase music“ und „process music“. Das Stück setzt einen „Schmutzeffekt“ elektroakustischer Musikwiedergabe (Rückkopplung) im Sinne eines musikalischen Programms (phase und process music) ein. „Technik“ wird vorgeführt und dann musikalisch bzw. hörpsychologisch gewendet.
Musik aus Maschinen ←→ Musik über Maschinen
„Radioactivity“ von Kraftwerk 1975. Die Musik ist in jeder Dimension „minimal“ und „repetitiv“, aber keine „process music“, sondern genau konstruiert. Das Stück hat einen Inhalt (eine Aussage) und spielt mit den Phänomenen „Radio“ und „Radioaktivität“. In späteren Jahren (ab 1991) nehmen Kraftwerk bei Konzerten Bezug auf die aktuelle Anti-AKW-Bewegung. Signale mit der Bedeutung Radio und Radioaktivität werden akustisch verwendet.
Dies informelle Video zeigt die Instrumente: Stimme (normal), zwei Geräuschpercussions-Pads, Clavinet (Melodie) und Synthi (Bass), Tonband-Strings, Morseapparat
Radioactivity is in the air for you and me
Radioactivity discovered by Madama Curie
Radioactivität is tunig to the melody
Radioaktivität für dich und mich im All entsteht
Radioaktivität strahlt Wellen zum Empfangsgerät
Radioaktivität wenn‘s um unsre Zukunft geht
Allgemeine Merkmale:
Eine Kollektion typischer Sounds und Techno-Effekte: extra Seite! Auf dieser Seite sind auch alle Tracks von Marushas "Over the Rainbow" einzeln zu hören. |
Techno gibt es als Studioproduktion mit dem Ergebnis eines fertigen "Titels" und als Live-Improvisationsprinzip auf Parties ("Raves").
(1) Wenige Patterns werden ständig wiederholt und im Baukastensystem einander überlagert.
(2) Beim Rave kann der DJ mit diesen Bausteinen, die teilweise in Form von Endlosrillen vorliegen, Spannungskurven aufbauen und mit dem Publikum interagieren (siehe 10. Stunde).
(3) Die CD-Studioproduktion beruht auf MIDI und verwendet im klassischen Techno 4- oder 8-Takt-„Tracks“, die als “Brett” übereinander gelagert und in unterschiedlichen Kombinationen abgerufen werden. Zur Vorbereitung eines Auftritts produziert der DJ seine „Bausteine” im Studio selbst vor.
Beispiel eines klassischen Technotitel, der aus einem Technobrett zusammengebaut ist, ist „Somewhere Over the Rainbow“ von Marusha 1994, der Techno in Deutschland populär gemacht hat und bei eingefleischten Technoiden als „Kindertechno“ abgetan wurde. Marusha war in den 1990ern besonders einflussreich als „Radio-DJ“ in mehreren Sendern.
Das folgende Video zeigt den kompletten Ablauf des Titels. Dabei wird zwischen dem Original und einer MIDI-Version hin- und hergeblendet, um die "rigide" Technoizität zu demonstrieren:
Dies Video hat das Format 1520 x 620 Pixel - möglichst vergrößern!
Das Video zeigt die einzelnen Patterns (im "Cubase") als MIDI-Blöcke (bunt), ganz unten verläuft der Original-Sound. Was man hört, ist weitgehend nur der MIDI-Sound, also eine künstliche Nachahmung des Originals mittels MIDI, so dass die Sounds je nach Soundcard des Computers unterschiedlich klingen. Ab Takt 64 wird zunächst zum Original gewechselt (d.h. MIDI-Sounds werden ausgeblendet) und ab Takt 75 werden MIDI und Original gemischt: man sieht die exakte Übereinstimmung von Midifile und Original, ein Beweis dafür, dass das Original aus einem Midifile abgeleitet ist. Das Spiel zwischen MIDI und Original geht dann weiter...
Der gesamte Titel kann auf ein 16 Takte langes "Brett" gelegt werden, aus dem sich die/der DJ bei der Live-Performance beliebig bedienen kann:
Mehr zu "Over the Rainbow" auf einer extra Seite!
Zum Extra "So geht der Techno der 1990er Jahre"!
Steve Reich „Pendulum Music“
Aufnahme 1 (nur Ton) 1999 https://www.youtube.com/watch?v=5-g_s1YtaHM
Aufnahme 2 (mit Bild) o.J. (2012) https://www.youtube.com/watch?v=m4I03dW0LQw. 2-Minuten-Kurzform davon befindet sich im StudIP!
Aufnahme 3 (mit Bild )2014 https://www.youtube.com/watch?v=HTlm2bpbd8Q
Es gibt drei Abschnitte, die kontinuierlich ineinander übergehen (1) einzelne kurze Impulse mit genau definierten Tonhöhen, (2) ein Klang, der sich aus (in der Lautstärke) ozsillierenden Einzeltönen zusammensetzt, (3) ein kontinuierlicher Dauerklang.
Beschreiben Sie grob, wodurch sich die Fassungen voneinander unterscheiden. Wie lange sind (ungefähr!) die drei genannten Phasen?
Lesen Sie den Abschitt „Prozess Musik“ unter „DOKU Reich“! Inwiefern erfüllt „Pendulum Music“ die Kriterien von „Prozess Musik“?
Kraftwerk „Radioactivity“ - verschiedenen Fassungen
Aufnahme 1 (nur Ton) 1975: von der Schallplatte (Audiodatei hier)
Aufnahme 2 „Original 1975“: https://www.youtube.com/watch?v=8effIKXXToM
Aufnahme 3 „Live“ (ca. 2011): https://www.youtube.com/watch?v=0EBTn_3DBYo
Im Internet werden Sie weitere Aufnahmen finden, vor allem die „Remixes“ von Kraftwerk selbst.
Wie entwickelt sich „Radioactivity“ im Laufe der Jahre weiter - technisch, musikalisch, inhaltlich und politisch?
Der Einfluss von Kraftwerk auf die EDM (Acid, HipHop usw.)
„DOKU Kraftwerk“ enthält einige Hinweise:
- ein kritischer Aufsatz von Uli Krug anlässlich des Todes von Florian Schneider im April 2020,
- der Fall Bambaataa „Planet Rock“: https://www.youtube.com/watch?v=ULLIw6aox6Q
- der Fall Juan Atkins „No Ufos“ und „Techno City“: https://www.youtube.com/watch?v=EarSRa19sZc
Setzen Sie sich mit den Argumenten von Uli Krug auseinander! Was ist von den Äußerungen Bambaataas und Juan Atkins über den Einfluss von Kraftwerk zu halten?
Recherche zur Figur Marusha
Ausgegend von „DOKU Marusha“ im StudIP stellen Sie weitere Internet-Recherchen zu Marusha an!
- Was ist ihr Erfolgsrezept? Beachten Sie das Zusammenspiel der drei Berufe von Marusha (Studioproduzentin von CD’s - Rundfunkmoderatorin - DJ für Live-Acts).
- Wie sehen Marushas Rundfunksendungen (z.B. „Feuerreiter“) aus?
- Dazu gibt es eine RTL-Sendung 1996 https://www.youtube.com/watch?v=yE89iRMrn5E
Techno-Grooves zum „Selbermachen“
GEERDES-Grooves im Internet:
Die Ordner „Geerdes Grooves 1993" (../09Techno/Geerdes-Grooves1993) und "Geerdes Grooves 1996" (../09Techno/Geerdes-Grooves1996) des vorliegenden Materialpaketes enthalten den Inhalte von „Groove-Disketten“, auf denen eine Fülle von Midifiles enthalten sind, aus denen DJs und andere Interessierte Techno-Titel zusammen basteln können. Die Firma Geerdes in Berlin war ein führender Midifile-Hersteller und stellte neben Techno-Files (vor allem für Alleinunterhalter) laufend die aktuelle Hitparade als Midifile zur Verfügung.
- Versuchen Sie das „Konzept“ dieser „Groove-Pools“ zu verstehen - auch die Unterschiede zwischen 1993 und 1999!
- Setzen Sie einen Titel mit eigenen Sounds in einem Sequenzerprogramm (Cubase, Logic, Apelton Live etc.) zusammen und speichern das Ergebnis als Midifile und Audiodatei ab.
Eine eigene Version von "Oxygene IV"
Anleitung auf einen extra Blatt.
Hier ist eine Lösung dieser Aufgabe durch einen Studenten.