Die Elektronische Musik ist nicht nur aus gewissen technischen Erfindungen und Entwicklungen hervorgegangen, sie löste auch eine Reihe kompositorischer, ästhetischer und musikhistorischer "Aufgaben", die sich Komponisten der E-Musik zu Beginn des 20. Jahhrunderts gestellt haben bzw. die in dieser Zeit in Fachkreisen diskutiert wurden. Ein durchgehender roter Faden der Diskussion war, dass die auf der tonalen Harmonik aufbauende abendländische Musik keine Neuerungen mehr zuließ, an Aussagekraft und (für die Komponisten) an Attraktivität verloren hatte. Die "Krise des (musikalischen) Abendlandes" wurde beschworen -- und mit neuen, radikalen Ideen zu meistern versucht. Die Elektronische Musik hat - in langsamen Schritten - es ermöglicht, die meisten diesre Ideen relativ konsequent umzusetzen. In jedem Fall wurde bis zum Aufkommen des Begriffs "Elektronische Tanzmusik" unter "Elektronischer Musik" stets Musik verstanden, die im Sinne jener Diskussion zu Beginn des 20. Jahrhunderts "auf der Höhe der Zeit" stand.
Im vorliegenden Teil der (Doppel-)Stunde wird zunächst die Situation zu Beginn des 20. Jahrhunderts skizziert. Anschließend, im zweiten Teil, wird die Argumentation der avantgardistischen, der Kunstmusik verpflichteten Elektronischen Musik an einem Experiment, das (technisch betrachtet) bis in die Gegenwart reicht, nachvollzogen.
Vorgehen in einer 90-Minuten-Einheit:Teil 1 Einzelarbeit oder Vortrag oder gemischtes Verfahren (45 Minuten), Teil 2 (45 Minuten).
Teil 1 (45 Minuten): Sie arbeiten die PowerpointPräsentation Ppt2a, die mit allen relevanten Musikbeispielen verknüpft ist und die auch erläuternde Texte enthält, durch. Ergänzend dazu nehmen Sie das Blatt 02 zur Hand. Die Dokumente, die auf Blatt 02 abgedruckt sind und Äußerungen der erwähnten Komponisten enthalten, lesen Sie als Hausaufgabe und bearbeiten dazu dann auch die entsprechenden Fragen auf Arbeitsblatt 02.
Inhalt von Blatt 02 interaktiv (ohne die Bilder auf Ppt2a):
Emanzipation... |
Schlagwort |
Beispiele |
des Tonsystems |
Mikrotonalität |
Ferrucio Busoni: „Zu einer neuen Ästhetik der Tonkunst“ (1907) |
der Harmonie |
Atonalität |
Anton Webern: Sechs Bagatellen op. 9, Nr. 3 (1910) |
der Ausführbarkeit |
Komplexität |
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der Klangfarbe |
Klangfarbenmelodie |
Arnold Schönberg: Orchestertücke op. 10, Nr. 3 mit dem Titel „Farben“ (1911) |
Synästhesie |
Alexander Skrjabin: Prométhée ou le Poème du feu op. 60 (1909/10) mit „Farbenklavier“ |
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der Instrumente |
„elektrische Instrumente“ |
Genzmer, Hindemith, Milhaus → Trautonium, Ondes Martenot |
des Zeit-Parameters |
Polyrythmik |
Igor Strawinsky: Sacre du Printemps (1913) |
des Geräuschs |
Futurismus, Bruitismus |
Luigi Russolo: Risveglio di una città (1913) |
des Publikums |
Proletkult |
Alexander Mosolow: Die Eisengießerei (1926-28) |
des Kunstbegriffs |
Ambientemusik |
Eric Satie → Ambient Music (7. Stunde) |
des Abendlandes |
Weltmusik |
Georg Capellen: „Fortschrittliche Harmonielehe“ (1908) |
Die Geschichte der Elektronischen Musik zeigt,
- dass die hier formulierten und ansatzweise realisierten Visionen sich (nach und nach) mit elektronischen Mitteln umsetzen ließen,
- dass die Komponisten Elektronischer Musik nicht nur der Entwicklung der Musiktechnologie hinterher liefen, sondern Teil eines Diskussionsprozesses waren, der sich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts jenseits der Elektronik abgespielt hat.
Zu DOKUMENTEN der hier erwähnten Komponisten.