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Zitate/Texte zu "Multikulti" 2003
Die Quellenverweise beziehen sich auf Literatur im Literaturverzeichnis und werden hier nur verkürzt wiedergegeben.
Heiner Geißler: Zugluft. Bertelsmann, München 1990.
Außerdem geht es nicht mehr darum, ob wir eine multikulturelle Gesellschaft wollen: wir haben sie bereits. Die Frage ist nicht mehr, ob wir mit Ausländern zusammenleben wollen, sondern nur noch, wie wir mit ihnen zusammenleben.
Bundesinnenminister Manfred Kanther (dpa 8.7.1996):
... hat sich entschieden gegen eine multikulturelle Gesellschaft in Deutschland "mit all ihren Sprüngen und Klüften" ausgesprochen. Die Bundesrepublik dürfe kein Einwanderungsland werden. "überall, wo die multikulturelle Gesellschaft besteht - zuletzt braucht man leider nur an das frühere Jugoslawien denken -, ist das ein schlimmer Stress und oft noch mehr Leid und Streit zwischen den Bevölkerungsgruppen."
Schülerin aus Bremen (Befragung von Andreas Lieberg 1996):
"Ich soll immer kurdische Lieder singen oder etwas aus Kurdistan erzählen, dabei bin ich da gar nicht so oft gewesen. Die Deutschen müssen nie Lieder singen. Zu Hause singe ich gern, ich spiele Saz, aber in der Schule macht mir das keinen Spaß".
Ausländerbeauftragte des Berliner Senats/Martin Greve (Info-Broschüre "alla turca" 1999):
Die türkische Musikszene Berlins von heute ist unüberschaubar, zersplittert, voller Gegensätze und ständig in Veränderung. ... "Türkische Musik" ist zum Sammelbegriff für zahllose, vollkommen unterschiedliche Musikstile geworden, europäische, orientalische, modern-orientalische, amerikanische, anatolische und Berlin-türkische. Vor allem zwischen den Generationen sind die Unterschiede unübersehbar. Jugendliche der dritten Generation wenden sich von anatolischen Traditionen zum Teil ganz ab. Von Anfang an waren türkisch-stämmige Berliner in der HipHop-Szene aktiv.
Bundesvorstand der Bündnis 90/Grünen (Bundesdelegiertenkonferenz 9.-11. 3.2001)
Wir wissen, dass die Gestaltung von Einwanderung komplex und schwierig ist. Sie beinhaltet aber eine große Chance, nämlich die der Weiterentwicklung der kulturellen Vielfalt. - Die multikulturelle Gesellschaft hat eine positive Dimension, weil sie die selbstverständliche kulturelle Freiheit jedes Einzelnen bekräftigt, eine Differenzierung zulässt und sich abgrenzt, beispielsweise zu der Idee einer deutschen Leitkultur, die zur Assimilation und Unterordnung verpflichten will.
Zur Gestaltung von Einwanderung gehören zwingend mehrere Aspekte: sowohl Pluralismus der Kulturen als auch die Vereinbarung grundlegender Regeln des Zusammenlebens. Das einigende Band sind die zentralen Werte der Menschenrechte, der europäischen Verfassungstradition und unseres Grundgesetzes: Demokratie, Gleichheit aller Menschen und Gleichheit der Geschlechter.
CSU-Grundsatzprogramm 2002:
In den Großstädten und Ballungsgebieten bilden sich bereits Parallelgesellschaften; in manchen Stadtteilen und vor allem Schulen sind Deutsche schon in der Minderheit. Mangelnde Sprachkenntnisse vor allem junger Ausländer sowie das starke Bildungsgefälle zwischen deutschen und ausländischen Jugendlichen sind nur einige erkennbare Vorboten eines bedrohlichen sozialen Sprengstoffs in Deutschland. Tendenzen einer selbstgewählten Isolierung von Menschen mit gemeinsamen Herkunftsland ist entgegen zu treten.
Karl-Heinz Meier-Braun: Deutschland, Einwanderungsland. Suhrkamp, Frankfurt/Main 2002.
Die jahrzehntelange Auseinandersetzung um die multikulturelle Gesellschaft war insofern auch eine Scheindebatte, als eine Gesellschaft, in der verschiedene Kulturen zusammenleben, seit langem in Deutschland existiert. Es geht schon längst nicht mehr um die Frage, ob wir mit verschiedenen Kulturen zusammenleben wollen, sondern nur noch darum, wie wir dies Zusammenleben im neuen Jahrtausend friedvoll gestalten.