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Exzerpt aus Kapitel 1 des Handbuches New Age Musik von Wolfgang Martin Stroh (Regensburg 1994)

Musikalische Handlungen lassen sich nicht nur beobachten, beschreiben, ordnen und in ihrer Wirkung erfahren, sondern auch interpretieren und deuten. Im vorliegenden Kapitel wird aufgrund des stillschweigend vorausgesetzten Vorverst�ndnisses �ber Hand- lungen, die zur Kategorie der New Age Musik geh�ren (k�nnten), interpretiert und gedeutet. Das geschieht auf dem Hintergrund unbewu�ter Hypothesenbildung und einiger paradigmatischer An- nahmen: Wenn jemand eine gewisse Menge sichtbarer Handlungen und Materia- lisierungen sowie die daraus folgenden eigenen psychischen Reak- tionen als 'irgendwie zusammenpassend' empfindet, so beginnt sie oder er die meist unbewu�te und unausgesprochene Hypothese zu entwickeln, da� jene Handlungen nicht zuf�lligerweise zu- sammenpassen, sondern deshalb, weil sie alle eine gemeinsame Ursache haben. Diese wird dann mit den Kategorien - Bed�rfnis oder (Handlungs-)Motiv benannt, sofern man nicht Erkl�rungsmuster wie - Masseneuphorie, Herdentrieb, Mode, Manipulation durch Dritte verwenden will. Bei den erstgenannten Erkl�rungskategorien herrscht das Bild selbstbestimmt handelnder Menschen vor, w�h- rend die letztgenannten Erkl�rungsmuster von fremdbestimmten Men- schen ausgehen. Es ist Aufgabe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die unbewu�te und unausgesprochene Hypothese �ber das Ge- meinsame, was jenen vermuteten Zusammenhang konstituiert, zu �berpr�fen. Hierzu werden sowohl Theorien �ber die Erkl�rungen menschlichen Handelns, als auch empirische Experimente, genauere Beobachtungen und Befragungen durchgef�hrt. Marilyn Ferguson war eine der ersten, die eine um 1976 in Californien kursierende Hypothese �ber das Gemeinsame einer Reihe auf- f�lliger menschlicher Handlungen ausformuliert und einer ersten empirischen �berpr�fung unterzogen hat. Ende 1977 sandte sie an 200 Personen, die sich nach ihrer Einsch�tzung auf irgend einem Gebiet "der gesellschaftlichen Transformation besch�ftigten, einen Fragebogen, um meine [Fergusons] Einsch�tzung der Ver- schw�rung aus der Sicht ihrer Anh�nger zu �berpr�fen" (Ferguson 1982, 23). Die Hypothese lautete, da� viele Handlungen in Be- reichen, die man bislang als auseinanderliegend betrachtet hatte - Alternativbewegungen, �kobewegungen, Esoterik, neue Naturwis- senschaften, Naturheilkunde, Anthropologie usw. -, eine zu- sammenh�ngende "sanfte Verschw�rung" darstellen. Die Sozialpsychologie der New Age Musik betrachtet zuerst die musikalisch handelnden Menschen, fragt nach jenem Gemeinsamen, was zur Herausbildung des Alltagsbegriffs "New Age Musik" ge- f�hrt hat und sucht nach angemessenen Erkl�rungsmustern. Im vorliegenden Buch gehe ich davon aus, da� jenes Gemeinsame nicht allein durch Masseneuphorie, Herdentrieb, Mode oder Manipulation durch Dritte erkl�rt werden kann, sondern aufgrund spezifischer Bed�rfnisse und (Handlungs-)Motive. Dabei setze ich voraus, da� Masseneuphorie, Herdentrieb, Mode und Manipulation durch Dritte nur m�glich sind, wenn es entsprechende Bed�rfnisse gibt, die masseneuphorisch, herdentriebhaft, als Mode oder manipulativ auf- gegriffen, weiterentwickelt und �berformt werden, und da� in jeder Masseneuphorie, jedem Herdentrieb, jeder Mode und Manipula- tion immer noch jenes urspr�ngliche Bed�rfnis enthalten ist und resistent wirken kann. Ich gehe also davon aus, da� Menschen im Grunde selbstbestimmt und bewu�t handeln und masseneuphorisches, triebhaftes, modisches oder manipuliertes Handeln nicht dem ur- spr�nglichen Bed�rfnis der Menschen entsprechen, sondern ge- sellschaftlich bedingt hinzukommen - und dabei in einem st�ndi- gen Kampf mit den urspr�nglichen Bed�rfnissen stehen.

Subjektives Bewu�tsein in sozialpsychologischer Deutung

Die sozialpsychologische Deutungsweise ist umfassender als die empirische Feststellung des subjektiven Bewu�tseins der ein- zelnen Menschen. Eine empirische Studie wird beispielsweise fest- stellen, da� ein nicht unerheblicher Teil der New Age Bewegung vom "Wassermannzeitalter" spricht. Er meint damit einerseits die astronomische Tatsache, da� der Fr�hlingspunkt sich zur Zeit aus dem Sternbild Fische in das des Wassermann verschoben hat - oder gleichbedeutend, da� der f�r die Astrologie wichtige Tierkreis sich langsam gegen�ber den dabei verwendeten astronomischen Sternzeichen verschiebt (und zwar um ein Zeichen pro ca. 2000 Jahre). Andererseits meint er, da� das Neue Wassermannzeitalter, wie es bereits im Musical "Hair" besungen worden ist, quasi automatisch kommt und die Bewohner des Planeten Erde dies Faktum mehr oder minder gut erkennen und ber�cksichtigen, nicht jedoch verhindern k�nnen. Eine sozialpsychologische Untersuchung wird nunmehr fragen, woher es kommt, da� Menschen an diesen Auto- matismus glauben. Als Antworten kommen in Frage: (1) ein neues Bed�rfnis nach Sicherheit f�hrt zur Hinwendung zu astrologischem Determinismus (den die psychologische Astrologie �brigens als "vulg�r" ablehnt), (2) ein Bed�rfnis nach Geborgenheit und ein neues Gef�hl f�r die globale Einbettung des Menschen in Natur und Kosmos f�hrt zu einer erheblichen Aufwertung der Bedeutung, die kosmische Vorg�nge f�r das Leben auf der Erde haben, (3) der Wunsch, in einer auswegslosen Lage eine Rettung "von oben" zu erhoffen, findet ein brauchbares Symbol im Wassermann und der Verschiebung des Tierkreises gegen�ber den tats�chlichen Stern- zeichen an der Ekliptik.   Die Sozialpsychologie geht also �ber die empirische Feststellung und statistische Zusammenfassung dessen, was sich die Be- troffenen selbst an Deutungen ihres Handelns zurechtlegen, hinaus. Sie betrachtet dabei nicht nur die Bed�rfnisse (und damit das Handeln) der Menschen als durch objektive Umst�nde bedingt, sondern auch noch die Art und Weise, wie die Menschen sich ihr Handeln selbst bewu�t machen. Solch eine Bewu�tmachung hat sich im Falle der New Age Bewegung zu einem recht aus- gearbeiteten ideologischen �berbau entwickelt, der in theoreti- schen Abhandlungen zur New Age-Philosophie entwickelt worden ist. Der ideologische �berbau der New Age Bewegung ist in zahlreichen B�chern dargestellt und kritisch analysiert worden. Er bestimmt weit mehr als die konkrete Praxis die sozialwissenschaftliche Diskussion. In meinen qualitativen Untersuchungen bei 2O Ex- pertinnen und Experten habe ich im Jahre 1991 allerdings fest- stellen k�nnen, da� hier dieser �berbau nur bruchst�ckhaft be- kannt ist und auch teilweise abgelehnt wird. Auf folgende Items einer den Befragten vorgelegten Check-Liste wurde �berwiegend mit "kenne ich nicht", "habe mich nicht damit besch�ftigt", "interessiert mich nicht" oder "lehne ich ab" reagiert:

w�hrend folgende Reizworte �berwiegend "hat mich stark be- eindruckt", "habe mich damit besch�ftigt" und "interessiert mich" hervorgerufen haben:

Auch diese stichprobenhafte Untersuchung weist darauf hin, da� die konkrete Praxis einer Bewegung von der Art und Weise, wie sich diese Bewegung theoretisch selbstvergewissert und nach au- �en hin darstellt, erheblich abweichen kann. Sie verweist auf die Notwendigkeit, die konkret handelnden Menschen zu beobachten und nicht (nur) die Art und Weise, wie die Menschen sich ihre Handlungen selbst bewu�t machen und - in theoretischen Ab- handlungen, in Verteidigungs- oder Werbebrosch�ren, auf Podien und Kongressen oder schlicht im Konkurrenzkampf des Musikmarktes - nach au�en hin darstellen.  

  • Die objektiven Bedingungen der Neuen Bed�rfnisse

Die sozialpsychologische Deutungsweise einer gewissen Menge zu- sammenh�ngender Handlungen geht weiter als nur bis zur Feststellung gemeinsamer Bed�rfnisse und Motive. Sie sucht nach objektiven Bedingungen, aufgrund derer sich neue Be- d�rfnisse und (Handungs-)Motive entwickeln k�nnen. Sie geht also davon aus, da� Bed�rfnisse und Motive sich nicht zuf�llig heraus- bilden, sondern aufgrund objektiver Gegebenheiten. Die Grundmaxime der Moderne war, da� die Menschheit summa summarum eine fortschrittliche Entwicklung durchmacht - hin zu mehr Naturbeherrschung, zu mehr individueller Freiheit, zu mehr Humanit�t, Demokratie, Sozialverhalten, zu mehr Selbstbestim- mung, Wohlstand und Friedfertigkeit. Auch Karl Marx und die Staaten des real existierenden Sozialismus gingen von dieser Grundmaxime aus, obgleich sie die Entwicklungsgesetze der Ge- sellschaft anders sahen als die marktwirtschaftlich-kapitalisti- schen Theoretiker und Staaten. Insofern war die Fort- schrittsmaxime von Weltdualismen wie Kapitalismus/Sozialismus oder Idealismus/Materialismus unabh�ngig. Politik, Kultur und Wissenschaft sind in den postmodernen Ge- sellschaften im wesentlichen damit besch�ftigt, die Un- l�sbarkeit von Globalproblemen zu verwalten und damit die Zwei- fel an der G�ltigkeit der Fortschrittsmaxime zu verdr�ngen. Nach Tschernobyl wurde - um ein vieldiskutiertes Beispiel zu nennen - nicht das Atomprogramm in Frage gestellt, sondern die Effektivi- t�t der Me�stellen, die vorhandene Radioaktivit�t messen sollen. Dadurch wird ein Kreislauf der Handlungsunf�higkeit am Laufen gehalten, der zu einem neuen Grundbed�rfnis f�hrt: dem Be- d�rfnis, diesen Kreislauf der Handlungsunf�higkeit aufzubrechen. Denn die Verdr�ngung schafft zwar eine gewisse Ruhe an der Oberfl�che, unter dieser Oberfl�che aber rumort es und so drin- gen immer wieder scheinbar irrationale Symptome nach au�en. Diese Symptomproduktion bindet psychische Energie und h�rt erst auf, wenn der verdr�ngte Inhalt aufgearbeitet ist.   Die New Age Bewegung ist - um in diesem psychoanalytischen Bild zu bleiben - nicht nur ein Ausdruck der erw�hnten neuen Grund- bed�rfnisse, sondern auch Ausdruck eines gro�en Therapieversuchs, durch die Produktion neuer Ideen und Handlungsperspektiven global Verdr�ngtes aufzuarbeiten. Es versteht sich dann von selbst, da� die New Age Bewegung keine Hilfe bei den herrschenden Politikern, bei den etablierten Institutionen des Kulturlebens und bei den traditionellen Wissenschaften sucht. Obgleich sich Anfang der 9Oer Jahre eine partielle Akzeptanz von New Age- Gedanken auf breiterer Basis angebahnt hat, versucht die New Age Bewegung nach wie vor prim�r zu erreichen, da� Menschen st�rker auf sich selbst vertrauen und dabei Erfahrungen erproben, die in postmodernen Gesellschaften von Politik, Kultur und Wissenschaft nicht bereitgestellt werden. Die New Age Bewegung ist ein Sammel- punkt und Katalysator von und f�r Menschen, die sich auf der Suche nach neuen Erfahrungen befinden.

  • Einsch�tzung der Erfolgsaussichten der New Age Bewegung

W�hrend Capra als wichtiger New Age-Theoretiker von einer fast zwangsl�ufigen Transformation des alten in das Neue Zeitalter �berzeugt ist - nach seiner Meinung konvergieren beispielsweise �stliche Weisheiten (d.h. jahrtausende alte intuitive Welterfahrungen) mit den aller- neuesten Erkenntnissen der westlichen Naturwissenschaften -, ist Schorsch der Meinung, die krisen�berwindenden Ans�tze der New Age Bewegung seien illusorisch, zwar verst�ndlich und erkl�rbar, aber doch zwecklos, falsch und tendenziell sch�dlich. Streng genommen l��t die sozialpsychologische Deutung der New Age Bewegung die Frage, ob die Bewegung erfolreich sein kann oder illusorisch ist, unbeantwortet. Sie kl�rt allerdings in- soweit �ber die Hintergr�nde der Bewegung auf, da� jede und jeder f�r sich unbefangen an diese Frage herantreten kann. Letztlich werden nur diejenigen sich (partiell) sympathisierend gewissen New Age-Gedanken und -Handlungen zuwenden, die mit mit solchen Gedanken und Handlungen individuell positive Erfahrungen machen. Das Versprechen des vorliegenden Buches und damit auch mein Standpunkt ist der, da� alle, die ein Interesse haben, neue musikalische Erfahrungen aufzusuchen, im Umfeld der New Age Bewegung f�ndig werden k�nnen. Sind einmal derartige Er- fahrungen, zu denen ich Anregungen geben und Information ver- mitteln m�chte, tats�chlich gemacht - was nat�rlich eine An- gelegenheit der Leserinnen und Leser selbst ist -, so wird sich die Frage nach einer objektiven und wissenschaftlichen Fest- stellung �ber die Erfolgsaussichten der New Age Bewegung er- �brigen.

  • Das Neue Bed�rfnis: Bewu�tseinserweiterung

Den Kern der Neuen Bed�rfnisse, die durch musikalische Hand- lungen befriedigt werden sollen, nennt die New Age Bewegung "Bewu�tseinserweiterung" . Unabh�ngig von der Frage, ob sich durch Musik Bewu�tsein tats�chlich erweitern l��t, mu� von der Tatsache ausgegangen werden, da� es zahlreiche Menschen gibt, die mit einem Ziel, das sie bewu�tseinserweiterung nennen, musi- kalisch t�tig sind. Das Wort "Bewu�tsein" wird im Zusammenhang mit Musik von der New Age Bewegung heute fast inflation�r gebraucht. Es geht auf eine charakteristische Ausweitung des Bewu�tseins-Begriffs zur�ck, der sich aus dem ideologischen �ber- bau der New Age Bewegung rekonstruieren l��t: Die New-Age-Klassiker Fritjof Capra und Marilyn Ferguson ... (Capra 1988, 417). (Ferguson 1982, 76-78).David Bohm (Bohm/Peat 199O, 221). Bei Rupert Sheldrake (Sheldrake 199O, Kap. 9 und 10). Rudolf Kapellner... (Berger/Pieper 1989, 137). Karl H. Pribram... (Wilber199O, 27-36). Kenneth R. Pelletier... (Pelletier 1988, 117-123). Zusammengenommen erscheint in all diesen theoretischen Abhandlungen der Bewu�tseins-Begriff so weit gefa�t, wie ihn Sergeij L. Rubinstein definiert hat: Bewu�tsein als die F�higkeit, �ber die eigene einzelne Existenz hinauszugehen und das Verh�ltnis zur Welt aktiv zu gestalten, "kurz gesagt, so zu leben, wie der Mensch und kein anderes Wesen lebt" (Rubinstein 1977, 294). Erscheint einem Menschen dies Bewu�tsein als zu "eng", so erscheint ihm die F�higkeit, "wie ein Mensch" zu leben als nicht weit genug entwickelt. Statt zu sagen, "ich f�hle mich wie ein Mensch", sagt man dann: "das ist ein Hundedasein", "ich arbeite tierisch" oder "das ist saum��ig". Das Bed�rfnis, das Bewu�tsein zu erweitern, entspringt dann dem Wunsch, f�hig zu sein, menschlich, human zu leben. Human zu leben hei�t nunmehr, das eigene Sein mit einer gewissen Distanz bewu�t zu gestalten, mit der F�higkeit zu planen, sich Ziele zu setzen usw. Gerade dies bewu�te Gestalten des Seins (das Karl Marx zur Definition vom Bewu�tsein als dem "bewu�ten Sein" veranlasste) erscheint angesichts der Fundamentalkrise post- moderner Gesellschaften, angesichts des oben beschriebenen Kreislaufs von Handlungsunf�higkeit nicht m�glich. Und dennoch ist es ein Unterschied, ob ein Mensch die Fundamentalkrise einer postmodernen Gesellschaft als solche sieht und bewu�t erlebt, oder ob er die daraus abgeleiteten Probleme als Folge eines zu engen Bewu�tseins interpretiert. Das Bed�rfnis nach Be- wu�tseinserweiterung ist somit zun�chst ein subjektivistisches Herangehen an objektive Lebensprobleme. ...Im Gegensatz zur Bewu�tseinsver�nderung durch "klassische" Dro- gen, das hei�t durch von au�en zugef�hrte Stoffe und Chemika- lien, ist Bewu�tseinserweiterung kein einfach herbeizuf�hrender Proze�. Bewu�tseinsver�nderungen sind vor�bergehend, halten selbst bei k�rpereigenen Drogen, die durch Psychotechniken oder braintechnologisch aktiviert werden, nur eine begrenzte Zeit an. Bewu�tseinserweiterung ist ein zeitlich grunds�tzlich nicht begrenzter Proze�, der in jedem Falle nicht kurzzeitig stimu- liert und ebenso kurzzeitg wieder verlassen werden kann. Das Suchtph�nomen spielt bei Bewu�tseinserweiterung keine Rolle. Da das Normal-Bewu�tsein im erweiterten voll enthalten ist, gibt es bei Bewu�tseinserweiterung trotz vielf�ltiger neuer Erlebnis-, Wahrnehmungs- und Empfindungsdimensionen keine Beeintr�chtigung fr�herer Leistungen.

  • Bewu�tseinserweiterung durch Musik

(Beispiele...) Bei diesen und �hnlichen Verfahren und Methoden ist das unmittelbare Ziel eine vor�bergehende Bewu�tseinsver�nderung durch Musik, die als l�ngerfristiges Ziel eine Bewu�tseinserweiterung haben kann.   Neben der Bewu�tseinserweiterung durch musikbedingte Be- wu�tseinsver�nderung gibt es noch andere Dimensionen musi- kalischer T�tigkeit, die den hohen ideologischen Stellenwert von Musik in der New Age Bewegung verst�ndlich machen. Musik ist sui generis eine M�glichkeit der Aneignung von Wirklichkeit, die sich nicht durch andere Aneignungsformen ersetzen l��t. Musik ist nicht-sprachliche Kommunikation, nicht-wissenschaftliche Welt- erkenntnis, nicht-zerst�rerische Wechselwirkung zwischen Mensch und Natur, Musik hat eine nicht eindeutig kalkulierbare Wirkung, spricht die menschlichen Sinne ganzheitlich an und kann nicht nur diskursiv, sondern auch intuitiv produziert und konsumiert werden. Musik entzieht sich daher weitgehend den typischen Krisen- erscheinungen postmoderner Gesellschaften, ja sie symbolisiert fast durchg�ngig in der abendl�ndischen Neuzeit die Sehnsucht nach einer Transzendierung der wissenschaftlich-technisch for- mierten Welt des gesellschaftlichen, �konomischen und kuklturel- len Fortschritts. Krisen des musikalischen Materials sind immer dann aufgetreten, wenn sich Komponistinnen und Komponisten un- dialektisch dem modernen Fortschrittsbegriff ausgeliefert haben. Richard Wagner, Anton Webern und Karlheinz Stockhausen sind drei Komponisten, die ihre auf das musikalische Material bezogenen Fortschrittsmaximen mit anti-modernen Ideologien zu verkn�pfen versucht haben: Wagners Tristanharmonik und Schopenhauers Nirwa- na als L�sung irdischer Widerspr�che jenseits von Leben und Tod; Weberns mehrdimensional betrachtbare Musikstrukturen und Goethes Urpflanzenidee; Stockhausens serieller Totalit�tsanspruch und Au- robindos Lauschen auf die Schwingungen der Stille.

  • Bewu�tseinserweiterung und neue musikalische Erfahrungen

Jede Musik, die zur Bewu�tseinserweiterung f�hrt, stellt eine neue musikalische Erfahrung dar. Das Umgekehrte ist nicht notwendig der Fall, doch kann der enge Zusammenhang von Bewu�tseinserweiterung durch Musik und neuen musikalischen Erfahrungen erkl�ren, warum �berhaupt Menschen nach neuen musi- kalischen Erfahrungen suchen. Es ist ja bekannt, da� gerade im Bereich der Musik neue Erfahrungen nicht immer gew�nscht sind, sondern oftmals gerade die st�ndige Wiederholung des Im- mergleichen verlangt wird und Lust zu bereiten scheint. Denkt man an die Spielplanentwicklung der deutschen Opernh�user, an die Programmgestaltung von Rundfunkanstalten oder an das Reper- toire von Gesangsvereinen und Blaskapellen, so ist deutlich, da� neue Erfahrungen im herrschenden Musikbetrieb nicht gefragt sind und im Zirkel von Angebot und Nachfrage die Ausnahme bilden. Selbst die Innovationen der Musikindustrie m�ssen sich in aller Regel in engem Rahmen halten, auch wenn sich dort noch mehr Suchbewegungen abspielen als im etablierten Kulturbetrieb. Mit neuen musikalischen Erfahrungen suchen Menschen faktisch nach Wegen der Bewu�tseinserweiterung und nach einer M�glichkeit, auf jene Krisenerscheinungen postmoderner Ge- sellschaften aktiv zu reagieren, die das bewu�te Sein einengen. Das Gef�hl der Auswegslosigkeit und Handlungsunf�higkeit an- gesichts ungel�ster Probleme wird in der Suche nach neuen Er- fahrungen aufgearbeitet, ohne da� die Probleme gleich explizit gel�st werden m��ten. Jede neue Erfahrung best�tigt der oder dem Suchenden, da� sie oder er noch handlungsf�hig ist und wei�, was es im Sinne des zitierten Sergej Rubinstein hei�t, wie ein Mensch zu leben. Jede neue Erfahrung wirkt der Verdr�ngung entgegen, die die herrschende Politik, Kultur und Wissenschaft betreibt, wenn sie die Krise verwaltet statt die anstehenden Probleme zu l�sen. In diesem Sinne steht die Suche nach neuen musikalischen Erfahrungen im Zentrum der neuen Bed�rfnisse, die die New Age Bewegung zu befriedigen sucht und die mit dem Ph�nomen der Bewu�tseinserweiterung bezeichnet worden sind. Sie kann einen positiven Zugang zu jenen musikalischen Handlungen der New Age Bewegung verschaffen, die nicht nur verst�ndlich und erkl�rbar, sondern auch mit individuellem Gewinn nachvollziehbar sind.

 Bemerkung: Das Kapitel 1 ist hier auf circa 25% gek�rzt. Weggelassen sind s�mtliche, oft ausf�hrlich zitierten Belege wissenschaftlicher Untersuchungen �ber die (allgemeine) New Age-Bewegung, die Ergebnisse meinre eigenen empirischen Untersuchungen und die Zitate aus den Theoriebildungen im engeren New Age-Umfeld.